und Lebens=Beschreibung unsrer Eltern als Beyspiel zur Nachfolge bei Gelegenheit des am 7ten August 1788 erfolgten Absterbens der verehrungswürdigen Mutter Eleonora Möller geborne Hovius Zum Andenken den sämtlichen Kindern und Enkeln gewidmet, und entworfen von dem ältesten Sohn Johann Anton Arnold Möller Bürgermstr. in Lippstadt. Lippstadt gedruckt mit Müllers Schriften im September 1788. |
Laßt uns oft in gesunden Tagen
Ein Grab in den Gedanken baun,
Und bei des Lebens Freud und Plagen,
Nur oft auf das Zukünftge schaun,
Damit wir noch auf dieser Erden
Des höhern Lebens fähig werden.
An dem Grabe unserer Mutter, in den traurigen Augenblicken, worin ich ihre Hülle in den Schooß der Erde versenkt sah, fühlte ich recht lebhaft, den Schmerz der mit einer jeden langdaurenden Trennung von geliebten Gegenständen verknüpft ist.
Ich überdachte wie sorgfältig sie von dem ersten Augenblicke ihrer Eheverbindung an, bis an ihren Tod für ihrer Stief- und leiblicher Kinder Wohl, gewachet hatte! Mit welcher Emsigkeit Mühe und Thätigkeit sie die weitläufige Haushaltung betrieben hatte! Wie gottselig sie gelebt hatte! Ich stellte mir ihre ausgebreiteten theologischen Kenntnisse, ihre Belesenheit in der Kirchengeschichte, und in der Völkergeschichte recht lebhaft vor. Ich bewunderte ihr seltenes genau fassendes Gedächtniß und ihre übrige Geistesgaben, und prieß sie glücklich, daß sie von allen diesen bis um ihre leztes herannahendes Ende nichts verlor, ihre Geisteskräfte bis zu ihrem Tode behielt, und sie dazu anwendete, immer neue Fortschritte zu machen. Ich überdachte, ob ich, ob alle ihre Kinder ihrem Beyspiel der Gottesfurcht und Thätigkeit, die sie uns gelehrt hätte nachgefolgt wären? Diese Gedanken führten mich weiter bis zu unsern guten thätigen frommen Vater zurück. Wie leicht dachte ich, vergessen Enkel ihre Großeltern die sie meist nicht gekennt haben, und wie gut ist es, wenn sie künftig wissen, was diese in ihrem Leben gewesen sind, um Beyspiel zur Nachfolge daraus herzuleiten, und wie mancher unter ihnen wird die Voreltern der Familie nicht gerne wissesn wollen, die vielleicht nicht mehr auszufündigen, je weiter wir in die neuen Zeiten fortwandern. Dies waren meine Gedanken, und ehe ich das Grab verließ, war der Entschluß gefasset, eine kurze Lebens-Beschreibung unsrer Eltern zu entwerfen, und zugleich die Familien der Vorfahren in der aufsteigenden Linie beizufügen, wozu ich schon so viele Jahre gesammelt habe. Zwar sind diese gesammelte Familien-Nachrichten, noch nicht so vollständig wie ich wohl wünschte, weil vieles nicht aufgezeichnet war, was ich an verschiedenen auswärtigen Orten suchte. Die Zahnsche fand ich von meinem Grossvater unter seiner eigenen Hand, welcher dieselbe mühsam ausgesucht. Von der Nottebohmschen und Retbergischen hatte ich gar nichts, da leztere durch einen Brand verlohren gegangen. So nützlich mir die Kirchenbücher waren, so reichten sie mir nicht weit genung in die vergangene Zeiten, und vieles war nicht umständlich genug verzeichnet, und konten also nicht mit zuverläßigkeit Stammreihen davon formiert werden. Durch Unterredung mit alten Leuten, so aus den Familien herstammten. Durch Rathhäusliche Aufzeichnung derer die Raths und Magistratspersonen gewesen waren. Durch gesammelte gedruckte und geschriebene Parentationes und Leichenreden. Durch Hochzeits und Trauer-Gedichte aus alten Zeiten. Durch Aufschriften der Leichensteine. Durch Namens die an alte Häuser ausgebauen waren. Durch alte Obligationes, Kaufbriefe, Schenkungsbriefe, Familienverträge, Vermächtnisbriefe, Testamente, Kupferstiche mit Unterschriften, und Correspondence gelang es mir endlich, daß ich meinen Endzweck erreichte, richtige Vergleiche anzustellen, um eine Stammreihe zu Stande zu bringen, da der eine Theil zum Jahr, der andre zum Vornamen, der dritte zur Bestätigung der Richtigkeit Gelegenheit an die Hand gab. Wie mühsam es ist , Familien auszusuchen, und in ältere Zeiten zurückzugehen, darüber kann nur der urtheilen der sich damit beschäftiget hat.
Da diese Familien-Nachrichten nun in mehrere Anverwandschaftliche Hände geraten, so ist auch Hofnung zu Berichtigungen, und Vermehrungen, dahero bitte ich alle, die mehrere Nachrichten zuverläßig besitzen, mir solche zur Vervollkommnung mitzutheilen. Andren denen daran gelegen, werden sie, auch nach meinem Tode in einer Sammlung beieinander finden.
Es wird freilich manchen diese Beschäftigung auffallend seyn, denn ich weiß daß es Leute giebt denen wenig daran gelegen zu wissen, wie auch ihr Großvater geheissen hat. Aber es giebt wiederum andere denen alle Familien-Nachrichten schätzbare Nachrichten sind, genug dann, daß diese solche erhalten.
Ich fange zuförderst mit unserer Eltern Lebens-Beschreibung an, und bringe die verschiedene dahin einschlagende Vorfahren der Familie, in besondere Beylagen, um Zerstreuungen, und Weitläufigkeiten beim Lesen zu verhüten, deshalben sollen auch unsre Geschwister Verheiratungen, nebst ihren Kindern nach der Reihe, besonders folgen.
Joh. Theodor Möller zu Warstein.
Ein Sohn von Prediger Antonius Möller zu Werdohl (Beylage Nr.1.) ist
geb. 14.Junii 1705. Sein Vater ließ ihn nach seiner Neigung die Handlung
erlernen, und gab ihn in die Lehre bei dem ansehnlichen Kaufmann Abraham von
Recklinghausen in Cölln, wo unter andern auch der Kupfer-Handel stark betrieben
wurde. Die Känntniß die er in dieser Handlung erwarb veranlaßten, daß
er zu Warstein im Cöllnischen auf dem dasigen Kupferhammer 5 Stunde von
Lippstadt sich zu etablieren Gelegenheit bekam, nachdem er schon vorhero in Cölln
mit andern einen Compagnie-Handel getrieben hatte. Damalen war die Retbergische
Familie aus Lippstadt im Besitze dieser Fabrik. Es wohnte daselbst
Frantz Anton Diederich Retberg, der sich hernach zu Gütersloh etablirte, auch
Frantz Adolph Gaudens Retberg, welcher den 6ten Septbr. 1728 starb, und
nach Lippstadt zu Grabe gefahren wurde. Vorhers war es eine Messings-Fabrick.
Diedr. Ernst Zahn und Retberg baueten einen Kupferhammer, und
die Tochter Clara Catharina Zahn führte die Haushaltung, und führte auch die
Feder mit unter, in Handlungsangelegenheiten. Unser Vater hatte wie er mir
wohl selbst erzählte, schon eine Zeitlang sein Augenmerk auf sie und auf die
Fabrick gehabt, zumal da das Werck nicht gehörig betrieben wurde. Er sahe den
Vortheil, der aus besseren Vorkehrungen, und wenn der Sache ein anderer
Schwung gegeben würde, sich darbot, wohl ein. Theils um sich bekannt zu
machen, theils um sich zu zeigen, daß er Känntnisse in diesem Geschäfte hätte,
machte er oft eine Reise dahin, lieferte rohe Kupfer, nahm geschlagene wiederum
an, bis es sich dann fügte daß er sich verlobte mit
Da sie bis dahin gewohnt war, die Feder zu führen, so half sie ihn anfänglich in seinen Geschäften, wie aber dieses bald darauf nicht mehr nötig war, gab sie Anlaß daß einige Waaren zum kleinen Handkauf angeschafft wurden, womit sie sich beschäftigte. Seit dieser Zeit ist diese Nebenhandlung immer unterhalten aber weit vergrössert worden.
Als ihre Niederkunft nahe war, wünschte sie, solche bei ihrer Tante Schooff abwarten zu können. Sie prophezeyete aber sich selbst den Tod bei ihrer Entbindung, wenigstens war sie um ihr Leben, wie mir die Tante Schooff hernach versichterte sehr bekümmert gewesen. Sie wurde zwar in Soest glücklich entbunden, und befand sich wohl, aber nach acht Tagen fiel sie in plötzliche Ohn- mächten, und gab darin ihren Geist auf, wobei unser Vater gegenwärtig war.
Sie lebte also nicht lange diese meine gute Mutter, deren gutes Herz und
Rechtschaffenheit mir nachhero von ihren Anverwandten und Freunden, so wie
von meinem Vater selbst so sehr gepriesen wurde. Sie gebahr mich
Johann Anton Arnold, am 10ten Mai 1732. Sie starb den 18.
Mai zu Soest in der besten Blüthe ihres Altes von 35 Jahren, und wurde in
der Pauliner Kirche begraben. Ihr Vater war reformirter ihre Mutter aber
lutherischer Religion, worin auch sie erzogen wurde. Ich fand hernach von ihr
noch einige geistliche Gedichte, auch ein Clavier Notenbuch wozu sie selbst den
Text gemacht hatte.
Ihr Geschlechts-Register findet sich in den Beylagen No.2.3.
So geschwinde unser Vater in die traurige Lage kam, Wittwer zu werden, so
unmöglich war es bei seiner Handlung und Haushaltung, die durch seinen Fleiß
eine bessere und ganz andere Richtung erhalten hatte, ohne Gehülfin zu seyn.
Er schritt zur zweiten Ehe mit
Sie war geb. 1715 Cop zu Werdohl den 20sten Mai 1737.
Sie starb zu früh im Kindbette den 10sten Novbr. 1746. Diese verehrungswürdige Mutter wurde nach Neuen Gesecke in der Soester Börde gefahren, und in der Kirche begraben, wo ich sie noch zu Grabe begleitete. Ihr Alter hatte sie nur auf 31 Jahre gebracht.
Sie war eine gesezte Frau von Körper und Geist, von rascher Entschliessung und Muth. Beständig allerwärts gegenwärtig, und zu einem solchen weitläuftigen Haushaltungsgeschäfte gleichsam gebohren, welchem sie binnen den 9 Jahren ihres Ehestandes überaus geschickt vorzustehen wußte, ohngeachtet sie vor und nach 7 Kinder zu erziehen hatte, wodurch ihre Last und Sorge vergrössert wurde. Die Kinder waren folgende.
1) | Joh. Christian geb. 14.April | 1738 |
2) | Anna Elisabeth Philippine geb. 10.August | 1739 |
gest.14.Julii 1740 wurde zu Neuen-Gesecke | ||
getauft und in die Kirche zu Warstein begraben. | ||
3) | Joh.Wilhelm geb. 2.April | 1741 |
4) | Frantz Albert geb. 27.Junii | 1742 |
5) | Friedr.Carl Hermann geb. 15.October | 1743 |
6) | Maria Catharina geb. --- Junii | 1745 |
gestorben 1748. |
In diesen abermaligen Wittwerstande worin unser Vater zu seiner äussersten
Betrübniß fiel, konte er um so weniger bleiben, da er so viele kleine Kinder zu erziehen
hatte. Er entschloß sich zum drittenmal nach einer solchen Gehülfin umzusehen,
die seine grosse Haushaltung zu regieren, und die Kinder zu pflegen fähig
war. Er fand sie in der Person der ältesten Tochter des Prediger Hovius zu
Camen. Er schritt also zur dritten Ehe mit
1) | Maria Wilhelmina geb. den 30.Julius | 1748 |
2) | Amelia Hermina geb. den 18.Februar | 1750 |
3) | Peter Gottfried geb. den 26.December | 1751 |
4) | Johanna Eleonora geb. den 8.Decbr. | 1754 |
5) | Christine ---- ---- | 1758 |
starb aber bald. | ||
6) | Johann Theodor Adolph geb. den 28.Mai | 1762 |
Nun war die Anzahl der Kinder, nachdem eins aus der zweiten und eins aus der dritten starb zehn Söhne und Töchter, die sie alle ohne unbillige Vorliebe, das Eine wie das Andre behandelte, und die auch alle bis im Anfange dieses 1788sten Jahrs zusammen geblieben.
Zu Hause hatte unser Vater keine Gelegenheit seinen Kindern, außer zu Warstein Buchstabiren und Lesen lernen zu lassen. Er muste sie also bei Zeiten, so kostbar es auch war, alle an auswärtige Orte bringen lassen. Hieran ließ er nichts mangeln, er schonte keine Kosten, weil es ihm vorzüglich am Herzen lag, seine Kinder alles das erlernen zu lassen, was zu ihrem künftigen Erwerbe nöthig war. Er gab auch dahero einem jeden Freiheit sich auf die Zukunft ein Geschäfte zu erwählen. Vorerst sandte er seinen ältesten Sohn
Johann Anton Arnold in seiner zartesten Jugend nach Werdohl bei seinem Bruder, wo er etwa 7 Jahre blieb von da aber kam er nac Soest, bei seinem Oheim Schooff, und benutzte einige Jahre das Gymnasium. Die väterliche Absicht war, daß ich Theologie studieren sollte, in Hofnung daß ich die Möllersche Prediger Reihe zu Werdohl fortsetzen könne, welche 70 Jahre nacheinander von seinem Vater und Bruder war erhalten worden. Die damalige Lehrart auf Schulen, das ewige auswendig lernen, das beständige Latein, ohne Abwechselung mit andern schönen Wissenschaften, in den ersten 4 Klassen, mochten die Ursachen seyn, warum ich dem Studio feind wurde. In der Folge that es mir leid seinen Antrag nicht befolgt zu haben, weil ich später hin grosse Lust dazu bekam. Ich wurde also der Handlung gewidmet, 1748 nach Bremen gesandt wo ich bei Herrn Ribbentrop in einem Kost und Lehrhause, Rechnen, Schreiben, Buchhalten und französisch zu erlernen Gelegenheit hatte. Die Bestimmung war, ich sollte daselbst die Handlung erlernen, da aber bei meines Vaters ausgebreiteten Correspondence ihm in Frankfurth eine Condition für mich angeboten wurde, so muste ich nach einem anderthalbjährigen Auffenthalt Bremen verlassen, und im Januar 1750 nach Warstein zurück kommen, und sofort in Frankfurth am Mayn, bei die Hrn. du Fay und von Hofen die Handlungs-Condition auf 6 Jahre antreten. Die folgenden 4 grösseren Kinder waren indessen nach Camen geschickt, und gingen daselbst zur Schule, worunter der älteste Sohn
Johann Christian der sich zur Handlung widmete, nach Frankfurt geschickt wurde, um in der Pensionsanstalt zu Hanau die nöthigen Vorbereitungen zur Kaufmannschaft bei Hrn. Guerlange zu erlernen. Mir aber wurde von meinem Vater zu Frankfurt aufgetragen, für ihm eine Handlungscondition auszumitteln, welche ich zu Basel bei Hrn. Euler ausfündigte, wo denn mein Bruder die Reise nach der Schweiz fortsetzte. Vor seiner Zurückkunft ließ ihn unser Vater durch einen Theil Frankreichs reisen.
Als meine Lehrzeit bis auf 1 Jahr geendigt war, fand mein Vater für gut, mich mit Endigung des 5ten Jahrs nach Hause zu verlangen, theils um ihn in seinen Geschäften die sich vermehrten zu helfen, und die Reisen zu übernehmen, die ihm zu beschwerlich fielen, weil durch seine Abwesenheit die Arbeiten sich zu sehr häuften, theils auch weil seine Handlungsbücher voll geschrieben waren, und ihm keine Zeit übrig blieb, neue anzufangen und fortzusetzen. Ich muste zu dem Ende zu Frankfurt neue Bücher verfertigen lassen, und kam im Monat Januar 1755, nachdem sich mein Vater mit die Hrn. du Fay und von Hofen wegen dem 6ten Jahrs verglichen hatte, zu Hause, wo ich in meinem Leben nicht viel gewesen war. Hier blieb ich 5 Jahre, und versahe zugleich die Reisen in der Kupferhandlung, als auch zu seinen eigenen Kupferbergwerkern nach Stadtberge, Niederense im Waldeckschen, Hagen im Cöllnischen, Oberkaldenbach im Homburgischen, nach Bielstein im Homburgischen, wo auch ein Kupferhammer erbauet wurde, auch nach Olpe, wo ebenfals ein Hammer im Gange war. Zu Hause hatte unser Vater mit seinen Bedienten ohnedem alle Hände voll, ausser den einen Hammer, zu Hause hatte er längst vorher noch einen neuen bauen lassen, beide wurden einen grossen Theil des Jahrs Tag und Nacht betrieben. Hiezu kamen noch allerlei Geschäfte zum Nebenhandel, und erforderten eine grosse Correspondence. Seine Anlagen, und vergrösserte Haushaltung, erforderte auch allenthalben Raum, hin und wieder wurde gebauet, unter andern auch ein neuer Flügel zum Wohnhause, welcher 1755 fertig wurde. 1759 im October heirathete ich mit elterlichen Consens zu Lippstadt. Um diese Zeit wurde meine Stelle auf dem Comtoir zu Warstein, durch meinen ältesten Bruder 2ter Ehe, Joh.Christian wiederum besezt, der von Basel zurück kam. Wir sahen uns seit diesen Jahren wiederum zum erstenmal an dem Hochzeitstage. Der dritte Sohn
Johann Wilhelm, bezeigte Lust Jura zu studiren, nachdem er zu Camen so weit gebracht war, muste ich denselben nach der Universite Duisburg begleiten, hernach sezte er bald das Studium zu Halle fort. Er ließ sich zu Berlin bei dem grossen Examen prüfen, und kam als Referendarius bei die Regierung zu Cleve.
Unsern Vater wäre es Vergnügen gewesen, ihn als Regierungs-Director zu Lingen und Tecklenburg zu sehen, aber er erlebte diese Zeit nicht. Der vierte Sohn
Franz Albert, widmete sich der Medicin. Auch diesen sandte er nach Halle, erlebte aber seine Rückkunft nicht. Er reisete hernach nach Berlin, hielt sich daselbst so lange auf, bis er den Cursum Anatomicum absolvirt hatte.
Der fünfte Sohn
Friederich Carl Herman wählte die Handlung, und wurde auch von unserm Vater nach Hanau bei den Herrn Guerlange in Pension gesandt, und kam hernach bei die Hrn. du Fay und Gebr. Gogel in Frankfurt, von wannen er erst 1765 nach seines Vaters Tode retournirte. Auch für die Erziehung der Töchter sorgte er, daß sie Frauenzimmer-Arbeit, und hinetten Umgang mit der gebildeten Welt erlernten. Nachdem die jüngeren Kinder ebenfals verschiedene Jahre sich zu Camen aufgehalten hatten, sandte er seine älteste Tochter
Maria Wilhelmine in die Pensionsanstalt der Mad.Philippe nach Hanau, wo Gelegenheit war sich sowohl in allerlei noch nicht geübten Arbeiten hervorzuthun, als auch Musik, Tanzen und Zeichnen zu erlernen.
So sorgte unser Vater so lange er lebte für seine Kinder. Seine viele Arbeit brachte ihm Gewinn, der Segen des Herrn folgte seinem Geschäfte, derohalben wandte er auch so viel auf die Erziehung seiner Kinder, es mochte auch kosten was es wolle. Gewiß es gehört viel dazu eine Menge Kinder in der fremde zu unterhalten, und zu allen Bedürfnissen Rath zu schaffen. Aber in der That legte er mit Vergnügen sein Geld daran, wann es nur gut angewandt wurde. Aber überflüßige Ausgaben, und unnütze Verschwendungen, wären es auch nur Kleinigkeiten, waren ihm zuwieder. Seine Kinder musten ihm Rechnung über Ausgaben senden. Wenn aber auch für Ergötzlichkeiten darinnen etwas eingebracht wurde, so war es ihm nicht unangenehm. Er war sonst schaft, und verzärtelte seine Kinder nicht, ließ es aber an nichts mangeln. Auch selbst alsdann nicht, wenn gleich dieses oder jenes angeschafft wurde, was wohl entbehrt werden konnte. Er schaffte oft das an, wenn er sahe daß man ausserordentliches Vergnügen daran fand. Mehreres kann von einem rechtschaffenen Vater nicht verlangt werden.
Er war ein sehr arbeitsamer Mann, und seine Geschäfte waren groß und mühsam. Durch seine Anlagen und Betriebsamkeit wurden eine Menge Menschen mit ihren Familien unterhalten. Er hatte viele Hammergesellen und andere Leute in der Kost, hielt 3.4.5 eigene Karren, Pferde und Knechte, zum Transport der Kupfer und andren Waaren, und gebrauchte deren noch wohl 10 andre Fremde gegen Frachtgeld. Das beständige Auf- und Zufahren, die vielen Botens von den Werkern, die vielen Besuche von Handlungsfreunden, alles dieses verursachte weitläufige Geschäfte. Ich habe einst die Knapschaften auf den Bergwerken, Arbeiter auf den Kupferhämmern, Ertzfuhrwerck, Kohlfuhren, Köhler, Schmeltzer, Taglöhner und allerhand dazu gehörige Profeßionisten die an verschiedenen Orten in seinem Verdienst standen, zusammen gezählt und ihre ANzahl über 250 gefunden. Dieses alles zu übersehen, zu überlegen, und in behöriger Ordnung zu erhalten, erfordert einen arbeitsamen klugfen Mann, wie unser Vater war, der sich gemüßigt fand seine Correspondence bis in die späte Nacht fortzusetzen, ohngeachtet er Hülfe hatte. Aber diese viele Arbeiten machten ihn auch alt, vor der Zeit.
Er war nicht nur thätig sondern auch freigebig und dienstfertig gegen jedermann. Aufrichtig in seinen Ausgaben an Leute die es verdient hatten. Er unterstützte Arme und Nothleidende reichlich. Er half ohne sein Intresse seinen Nebenmenschen in dringenden Nothfällern, mit baaren Vorschuß, ohngeachtet er halb muthmassete nie etwas wieder zu erhalten, so auch oft in die Erfüllung kam, wovon die Bücher Zeugen sind. Mancher Redlicher ist hingegen durch voraus Bezahlung zum Verdienst geworden.
Er war aber auch gottesfürchtig. Morgens und Abends musten Kinder und Bediente sich zum Gebet versammeln, wo unsere neulich verstorbene Mutter das Gebet verrichtete. Kein Sontag wurde versäumt, wo nicht gelesen, gebetet und gesungen wurde. Entweder der Vater, oder die Mutter lasen Predigten. In Ansehung der Kirche, insgemein bei Feiertagen, und der Communion hielten sie sich zur reformirten Gemeinde zu Lippstadt. So handelte er als Muster eines rechtschaffenen Mannes, und so war er Beyspiel seiner Kinder zur Nachfolge. Der Krieg gab seiner Gesundhen harte Stösse. Er war furchtsam für Krieger. Als ich noch bei ihm war, ereigneten sich viele widrige Vorfälle. Abgestrichene Haufen, bald Husaren bald Infanteristen, bald von der französis. bald von der alliirten Armee, schlichen sich aus den Lagern, kamen bei Tage und auch Mitternachts, und setzten uns alle durch ihre Brutalität in Schrecken und Verlegenheit, weil das Wohnhaus von der Stadtseite in etwa abgelegen war. Verhinderten wir gleich seine Gegenwart, so verursachten ihm diese streifende Anfälle doch Nachtheil an seiner Gesundheit. Eben so empfand mein ältester Bruder nachdem ich schon 1759 in Lippstadt war, viele dergleichen Anfälle, die er um den Vater zu schonen, selbst abwenden muste. Unter andern fügte es sich zum Unglück, daß einst alliirte Freitruppen auf dem Hause und Hofe waren, als sich eine französische Parthei näherte. Jene verliessen das Haus, und beide Parteien feuerten gegen einander. Bei der gelegenheit flogen die Kugeln durch die Fensterscheiben. Die Franzosen welche jene vertrieben, drungen hernach ins Haus, durchsuchten dasselbe unter dem Schein, als wären noch Alliirte verborgen. Da aber niemand da war, forderten sie unsern Vater vor die Thür, und warfen ihm bald vor, daß er mit den Feiden Correspondirt, bald daß er sie in seinem Hause beherbergt habe. Diese Aeusserungen waren ihm sehr befremdend und ungerecht, da er aus Furcht vor Erbrechung der Briefe, nicht einmal offenbar bekannte Kriegsangelegenheiten zu schreiben, sich von Anfang des Krieges vornahm, und sein Haus auch für jede Art Truppen nicht verschliessen durfte. So unschuldig er auch war, so muste er dennoch draussen, ohne sich einmal ankleiden zu können, am Feuer bei der Wache stehen, und auf Befehl des so bekannt gewesenen strengen Menschenhassers, General Maupeau, folgenden Morgen auf einen Wagen unschuldiger Weise bei kalter Witterung bis nach Siegen 17 Stunden weit fahren lassen. Loskaufen wollte er sich vor der Abreise nicht, um nicht in den Verdacht als Schuldiger zu seyn. Sein Sohn wollte statt seiner nicht angenommen werden, deshalben muste er selbst sich auf sein gutes Gewissen verlassend, wegschleppen lassen. Nach ein paar Wochen gab ihm der General selbst die Freiheit nach Hause zu reisen, nur sollte er ein bei seinem Hause von den Feinden todtgeschossenes Pferd eines Cavalleristen mit 100 Ducaten bezahlen. Der Himmel weiß, wo das Pferd todtgeschossen worden, aber man bezahlte die 100 Ducaten, und darauf kam unser Vater zu Hause, dessen Arrest seine Freunde und Correspondenten in Siegen, auf alle Art erträglich gemacht hatten. Aber dieser Umstand verursachte seiner Gesundheit heimlichen Schaden. Sie war von dieser Stunde an, nicht mehr so dauerhaft wie vorher. Die Folgen bewiesen es. In der letzten Hälfte des 1762sten Jahrs äusserte sich Geschwulst, die sich in eine Wassersucht verwandelte, die ihm auch den Todt zuwege brachte. Er starb zu unserm Leidwesen am 30sten Januarii 1763, war froh daß er den Frieden erlebte, und brachte sein Alter nur bis ins 59ste Lebensjahr.
Nach seiner Verordnung wurde sein Körper nach Soest gefahren, und in das Grab seiner ersten Frauen in der Sanct.Pauli Kirche eingesenkt, wohin ihn auch die drei ältesten Kinder zu Grabe begleiteten.
Er ließ seinen 10 Kindern, die Früchte seines Fleisses und erlebte nur zwei Enkeln von seinem ältesten Sohn, wovon er den ersten selbst zur Taufe hielt, und ihm den Namen Joh.Theodor gab.
So wurde also unsre Mutter, nachdem sie nur 15 Jahr 8 Monate in dieser Ehe gelebt, in den traurigen Wittwenstand gesetzt. Sie hatte für 5 leibliche Kinder zu sorgen. Das ganze Vermögen wurde recht freundschaftlich mit brüderlicher Liebe auseinander gesezt und getheilt, nur die Bergwerke wovon man aber einige eingehen lassen blieben gemeinschaftlich. Die Mutter wurde für ihrer Kinder Antheil, Besitzerin und Vormünderin, welches sie mit vorzüglicher Ordnung, Genauigkeit und Sorgfalt bis an ihr Ende administrirte.
Sie fuhr fort für die Wohlfahrt ihrer Kinder zu sorgen. Bei näherem
heranwachsen derselben sandte sie auch ihre übrigen Töchter in die Fremde, und
zwar die zweite
Amelia Hermina nach Hanau in Pension bei Mad.Chatong, und die
jüngste
Johanna Eleonora, unter mein und meiner Frauen Begleitung nach
Cassel bei Madame Balfeur. Ihr Sohn
Peter Gottfried widmete sich der Theologie, nachdem er zu Camen auf
der Schule gewesen war, und reisete erst nach Duisburg, dann nach Halle.
Ihr jüngster Sohn
Joh.Theodor Adolph, wurde zu Lippstadt und Bielefeld zur Schule
geschickt. Er wählte die Handlung, reisete 1776 nach Frankfurt in die
Pensionsanstalt bei Hrn.Pfeil. Erlernte 1778 die Handlung auf dem Metzlerischen
Contoir, wo er nach seinen Lehrjahren als Handlungs Bedienter blieb und 1784
nach Bielefeld zu seiner Mutter zurück kam, wo er mit seinen Schwager
Nottebohm die Handlung trieb, und die Reisen übernahm.
Nunmehro erlebte unsre Mutter, daß alle ihre Kinder vor und nach in den Jahren 1776, 1770, 1773, 1777 bis auf den jüngsten Sohn verheiratet wurden. Der zweite Bruder Christian wurde nach der Theilung Besitzer des Kupferhammers zu Warstein, dem die Mutter in der Haushaltung bis 1770 aßistirte, nachdem jender sich 1769 verheirathet hatte. Dem Bruder Friederich Carl, wurde das halbe Haus und Güter nebst dem ganzen Kupferhammer zum Bielstein im Homburgischen zugetheilt, wo er sich etablirte. Die andre Halbschied gehörte nebst einigen Reckhämmern, der darauf wohnenden Frau Wittwe Schmidt, der n Ehemann ein Bruder von der Mutter dieser Kinder 2ter Ehe gewesen, die er nachhero heirathete, und den Kupferhammer in einen Eisenhammer verwandelte.
Der Bielefelder Kupferhammer wurde nach des Vaters Tode mit Adolph Nottebohm, der erst auf dem Kupferhammer zu Warstein diente, hernach des Freiherrn von Hoesch Factor auf der nahe dabei liegenden Eisenhütte wurde, in Compagnie gekauft und getrieben, woselbst er also hinreisete. Unsrer Mutter fiel diese Hälfte zu. Der Hammer wurde nachhero neu gebaut, und Adolph Nottebohm starb im Decbr. 1771. Er vermachte seinen halben Theil des Hammers an seinen Vettern Abraham Nottebohm, der hernach die jüngste Tochter Johanne Eleonore Möller heirathete, und daselbst ein neues Haus bauete. Hier reisete unsre Mutter also hin.
Gleich von erster Stunde an, bis zu ihrem Ende nahm sie sich der Haushaltungsgeschäfte daselbst eben so unermüdet an, wie sie von je her gewohnt war. Diese Haushaltung vergrösserte sich auch hier von Jahren zu Jahren, da ihre Tochter die Familie mit sieben Kindern vor und nach bereicherte. Die Mutter war nun ruhig da sie alle ihre Kinder versorgt hatte. Aber das herannahende Alter veranlaste abwechselnde Unpäßlichkeiten, so gesund wie sie auch sonst von je her gewesen war. Sie verlohr aber dennoch ihre Thätigkeit nicht, ließ es vielmehr aufs äusserste ankommen, ehe sie die Arbeit verließ, hörte ungerne wenn man ihr bedeuten muste, daß sie wegen ihrer Unpäßlichkeit in der Stube bleiben müsse. Nachdem sie über 17 Jahr hier gewohnt nahm sie in den letzten paar Jahren merklich ab, schon 1787 fieng sie an sehr schwächlich zu werden, und ihre Krankheit wandte sich zum Geschwulst, woraus die Wassersucht entstand. Diese Krankheit war dabei abwechselnd. Bald war sie bettlägerig bald wieder auf, und befand sich erträglich. Sie ließ sich alsdenn in den Garten führen, und besah die Früchte ihres Fleisses, zulezt nahm die Krankheit überhand. Sie sorgte für Ordnung in Absicht ihrer Nachlassenschaft, legte ihre Todtenkleider in Bereitschaft, bestellte ihr Haus weil sie wuste daß sie bald sterben muste, obgleich sie es den Anwesenden nicht merken ließ. Ihre auswärtigen Kinder besuchten sie, de- nen sie von ihrer Nachlassenschaft, die sie ins Reine gebracht, Nachricht gab, gleichsam als wollte sie Abrechnung halten, Red und Antwort von ihrer Verwaltung geben, und zeigen, wie sie als rechtschaffene Mutter gehandelt habe, und so nahm sie beherzt und getrost Abschied von ihnen. Der Besuch der Prediger war ihr angenehm. Ihre Unterredungen ihre Trostsprüche, wuste sie vielfach aus der Schrift zu unterstützen, ihre Geisteskräfte verliessen sie nicht. Der Todt ihrer Tochter Amaila, Wittib Amtm. Homberg, die 4 Monat vor ihr zur Ewigkeit gegangen war, gieng ihr zwar nahe, weil die Kinder Elterlos wurden, doch fassete sie sich, und geduldig seufzte sie, ich werde ihr bald nachfolgen. Acht Tage vor ihrem Ende nahm der Geschwulst so stark zu, daß sie kaum Athem schöpfen konnte, und dabei viele Schmerzen empfand, weshalben sie um Linderung zu erhalten, auf Anrathen der Aerzte darinn willigte, sich das Wasser abzapfen zu lassen, welches ihr grosse Erleichterung und neue Munterkeit verschafte, dabei wuste sie aber wohl daß ihre Tage bald zu Ende eilen würden, denn sie kante die Krankheit gar zu gut. Sie entschlug sich nun auch in ihrem Leben zum erstenmal allem was Welt heist, da sie bis dahin noch nach diesen und jenen zu fragen, und dies und das zu errinnern gewohnt war, auch noch kleine Handarbeiten verrichtet hatte. Es war so ihre Gewohnheit, da sonst die Hausgeschäfte durch ihre Tochter jederzeit thatig genug besorgt wurden. Nun sahe sie ihren Erlöser stundlich entgegen, und er war da, als sie den 7ten August dieses Jahrs so sanft und ruhig einschlief als ihr Character und Leben sanft und ruhig gewesen war. Sie erreichte ein Alter von 68 Jahr und 4 Monaten.
Schon früh in ihrer Jugend fieng sie an emsig in Geschäften, aber auch begierig auf theologische und historische Kenntnise zu seyn, worinn ihr eigener Vater ihr Genüge leisten konnte, und welches sie durch Lesung der dahin einschlagende Schriften zu unterhalten wuste. Was sie las, das war auch auf Lebenslang bei ihr eingeprägt, ihr Gedächtniß war ganz ausnehmend, und bewunderns werth. Daher wuste sie was in der politischen Welt vorfiel, die Genealogie aller hohen Haupter, Fürsten Grafen und Herrschaften, aus älteren und neueren Zeiten, aufs genaueste zu erzehlen, wenn die Rede davon war. Die ganze Kirchengeschichte war ihr so läufig, wie einem der sie studiert hatte. In der Historie überhaupt war sie sehr gut bewandert. Sie war gottesfürchtig, und in den Schriften des alten und neuen Testaments recht gründlich, so wie in ganzen theoregischen Fache überall erfahren. Wie oft sind nicht wir ältere Geschwister Zeugen ihrer mit so vielen theils Gelehrten Männern aus allen Religionen geführten Gespräche und Vertheidigungen ihrer Sätze gewesen, die einige Stunden fortwährten! Mit wie vielen Sprüchen wuste sie den Beweiß so zu führen, ohne die Bibel in die Hand zu nehmen ! wodurch sie ihre tiefe Einsicht in der Theologie zu erkennen gab. Fast alle Gesänge sang sie ohne Buch. Nie hat sie seit meiner Jugend an, bei dem Morgen- und Abendgebät, ein Buch in der Hand gehabt, wozu sie noch immer einen passenden Gesang auswendig hinzu fügte. Gottesfurcht und Religionsgespräche waren ihre Freude und Lust. Gegen Stolz und Verschwendung hatte sie Abscheu.
So war und so blieb sie bis an ihr Ende, ihren Kindern Beispiel zur Nachfolge. Sie behauptete die größte Mäßigkeit im Leben, und trueb das, was öconomisch heist, fast zu weit. Sie that alles lieber selbst, bis zur mindesten Kleinigkeit, ehe sie ihre Töchter dazu anführte, es rührte dieser Fehler aber aus übermäßiger Betriebsamkeit her.
Sie erlebte 6 Vorkinder, deren Erziehung ihr auflag, und 17 Stief-Enkeln, auch 6 leibliche Kinder, und 28 Enkeln. Mit den Schwiegersöhnen und Schwiegertöchtern war die Anzahl 66, die ihr den Namen Mutter oder Großmutter beilegen musten. Bei ihrem Absterben waren noch am Leben, 23 leibliche, und überhaupt 37 Enkeln, deren Zahl hernach noch mit eins vermehrt wurde.
Zulezt wollen wir miteinander noch einen Blick auf unsre Eltern zurück werfen, und uns das vorzüglichste grosse Glück in Erinnerung bringen, welches wir durch ihre Nachlassenschaft angeerbt haben, so werden wir finden daß wir auch gesunde Eltern hatten, die gesunde Kinder hinterliessen, welche Gesundheit wir nächst Gott unsern Eltern zu verdanken haben. Welch eine grosse Wohlthat, welch ein unschätzbares Glück ist nicht die edle Gesundheit auf dieser Welt. Welch ein unaussprechlicher Segen, von gesunden Eltern gebohren zu seyn, die wachsam für die zarte Jugend sorgen, und sie für Verwahrlosung an ihren Gliedern sichern. Wir wissen uns kaum in unsern Leben zu erinnern daß unsre Eltern bei aller ihrer Arbeit und Sorge krank gewesen sind. Wir Kinder wissen uns von Jugend auf bis auf diese Stunde kaum zu entsinnen, weder in geringe noch in gefährliche Krankheiten verfallen zu seyn. Nichts fochte uns in unserer Jugend an. Dieses Glück geniessen wir noch, ja auch augenscheinlich die noch lebende Kindeskinder.
Werfen wir dagegen unsern Blick auf so viele andre Eltern, wo der eine oder andre von Natur einen kränklichen Körper hat, so werden wir es auch insgemein auf die Kinder nachgeerbt finden, und wie viel Gram, wie manchen Seufzer, wie manche traurige und kummervolle Stunde dies, theils Eltern theils Kinder verursacht, lehrt der Augenschein. Welch gesunder Mensch fühlt nicht Mitleid über die Ansicht solcher Kinder, die gebrechlich sind, und auch so aufwachsen. Ueber Kinder, die ihre Augen, ihr Gehör, ihren Verstand, durch Krankheit, durch Zufall oder durch Geburt verlohren haben. Gewiß bei diesen traurigen Anblicken, kann kein rechtschaffener Mitmensch gleichgültig seyn. Es fühlt alsdenn erst der nachdenkende Gesunde recht lebhaft, daß er ein mit allen Schätzen der Welt nicht zu bezahlendes Glück nemlich die edle Gesundheit besitzt, die er von seinen Eltern erbte, wofür er sie lebenslang segnet.
Aber freilich besitzt unser sonst so fester und gesunder Bruder Franz Albert diese dauerhafte Gesundheit jetzt leider nicht mehr. Wir wissen aber das der besondere Zufall eines Schlagflusses die Ursache ist, die seinen gesunden Zustand so merklich verändert und zerrüttet hat. So starb auch neulich leider zu früh unsere Schwester Amalia, die verwittwete Amtmann Homberg an einer schwindsüchtigen Krankheit, aber wir wissen auch daß es kein angeerbter Naturfehler bei ihr war, sondern daß sie diese Krankheit durch ihren vor ein paar Jahr an der Schwindsucht verstorbenen Mann sich offenbar zugezogen hatte.
Endlich lebten unsere Eltern auch von ihrer Jugend an, bis zu ihrem Ende,
mäßig und ordentlich. So waren sie auch in diesem Fall für ihre Kinder und
Kindeskinder
Beim Abschreiben der Familien-Beilagen, finde ich sie zu weitläufig, um aus jedem Geschlecht alle Verheiratungen der Nebenlinien mit ihren Kindern und Enkeln anzuzeigen. Es kommt auch bei dem bürgerlichen Stande so ge- nau nicht drauf an. Ich habe also nur die gerade Stammlinie verfolgt, und mich nur hin und wieder, wo ich weiß, daß man es wünschte, oder wo noch leben- de Familien sind, ausgedehnt, sonst aber so viel als möglich eingeschränkt.
Andreas Möller
In der zweiten Ehe Cop. den 12.Mai 1700 mit Helena Lange aus Cöln (Beilage Nr.4.) starb 1707 den 11ten Aug alt 38 Jahr.
In der dritten Ehe mit Anna Eickel aus Elberfeld, geb. 1673. Cop. den 2ten Mai 1717. Sie starb 1766, 1.Merz in Werdohl alt 93 Jahr, ohne Kinder.
Aus der zweiten Ehe stammen 2 Söhne, als:
Zur zweiten Ehe heirathete er 1697 den 20.Jun. Anna Lucia Elisa- beth Retberg älteste Tochter von Johannes Retberg geb. 1676 den 12ten April aus welcher Ehe 9 Kinder stammeten, wovon alle 4 Söhne und 2 Töchter jung verstorben. Folgende sind die 3 übrigen Töchter
Als die Mutter dieser Kinder den 14ten April 1766 im 30sten Jahre ihres Alters an den Frieseln starb, schritt der Vater zur zweiten Ehe am 25sten Nov. 1767 mit Maria Wilhelmina Möller, von Warstein auf dem Kupferhammer. Sie ist geb. den 30.Jul. 1748. Zwölf Kinder aus dieser Ehe stehen in der Möllerischen Stammreihe.
Diederich Nottebohm. Cop. 1670 den 15ten Oct. mit Anna Margaretha Retberg Tochter des Bürgermeisters Marcus Retberg in Lippstadt. hievon stammt
Joh. Diederich Nottebohm geb. 1671 den 29.Dec. etablirte sich als Kaufmann in Frankfurth am Mayn, wurde 1722 Bürger-Capitain, stiftete bei der Bürgerschaft viel gutes, und machte sich so beliebt bei der Bürgerschaft, daß sie nach seinem Tode sein Bildniß in Kupfer stechen liessen. Er starb 1726 alt 55 Jahr. Von seinen Nachkömmlingen ist nichts bekannt.
Abraham Nottebohm ist gestorben den 19ten Febr. 1640, war verheirathet mit Sybilla Gallenkamp. Tochter von Diederich Gallenkamp. Aus dieser Ehe folgten 10 Kinder. Darunter war, Marcus Gerhard gestorben 1741 alt 63 Jahr war verheirathet 1712 den 3ten October mit Anna Theodora Goecke, dessen Sohn Diederich Adolph Stephan im Decbr. 1771 zu Bielefeld auf dem Kupferhammer unverheirathet starb. So wie auch der Sohn Abraham Nottebohm geb. den 26ten Febr. 1682 in Rotterdam verheirathet, aber 1761 ohne Erben gestorben ist. Die Stammreihe von diesen 10 Kindern wurde fortgesetzt durch
Joh. Diederich Nottebohm geb. den 5.Jan. 1685 Med.Doct. und Senator in Lippstadt. Er war vorhero an die 20 Jahr Hofmedicus in Maynz gewesen. Heirathete den 19ten April 1739 Anna Catharina Retberg geboren den 30.Sept.1711, Tochter des Adam Retberg in Lippstadt, und Maria Catharina Teschenmacher aus Elberfeld (Beilage Nr.11 und 13.) Dieser Nottebohm starb den 13ten Mai 1758 alt 73 Jahr 9 M. Seine Frau den 30sten August 1759 an der rothen Ruht alt 48 Jahr. Sie hinterliessen folgende 5 Kinder:
Conrad Thulemeyer, Bruder des obigen Geheimden-Reths, Stadtphysicus in Bremen, und hernach Hof-Leibmedicus vom Landgrafen zu Hessen-Cassel. Verheirathet mit des Kanzlern von Kurtzenbergs Fräulein Tochter, aus Dettmold, davon folgende 3 Kinder.
Christina Teschenmacher gest. 1690 den 15ten Octbr. alt 79 Jahr, heirathete Gottfried Bernsau Kaufmann in der Mircken, gest. den 15ten Merz 1675 alt 74 Jahr. (Eine seiner Schwestern wurde an Clauberg in Sohlingen verheirathet welcher 1695 starb, alt 38 1/2 Jahr.)
Aus obiger Ehe stammten 9 Kinder.
Gestorben
Anno
1607. | Sophia Iggelsbrock | alt 81 Jahr |
1607. | Jaspar Iggelsbrock | alt 79 |
1635. | Brauß von Iggelsbrock Tochter herstammend | alt 81 Jahr |
1637. | Caspar Iggelsbrock | 95 |
1638. | Engel Teschenmacher | 88 |
1645. | Peter Teschenmacher in der Mircken | 86 |
1664. | Sybilla Iggelsbrock Wittwe Peter Teschenmacher | 81 |
1670. | Anton Teschenmacher | 72 |
1671. | Engelbert Teschenmacher | 79 1/2 |
1675. | Gottfried Bernsau | 74 |
1687. | Maria Teschenmacher Wittwe Peils | 78 1/2 |
1690. | Christina Teschenmacher Wittwe Gottfried Bernsau | 79 |
1723. | Bürgermeister Isaac Teschenmacher in Elberfeld | 90 |
1759. | Maria Catharina Teschenmacher Wittw ad. Retberg | 86 |
1761. | Catharina Judith Retberg Ehefrau Fuhrmann | 62 |
1780. | Johann Abraham Retberg in Bremen | 79 |
In den Jahren 1770 bis 1780 starb noch eine Wittwe Bernsau in Düsseldorf. Sie war die letzte Besitzerin des Apers Gut zu Ratingen, welches von Christina Teschenmacher herstammt, die in älteren Zeiten an Kortmann verheirathet war.
Johannes Retberg der Stammvater war sein Bruder. Er wurde 1614 Rathsherr. 1628 Stadtsamtmann und starb 1638. Von seinen 4 Kindern dern sezte die Linie fort Marcus Retberg.
Von seiner Tochter Anna Margarethe die den 5ten October 1670 an den den hiesigen Diederich Nottebohm verheirathet wurde stamme ein Sohn Joh. Diederich Nottebohm geb. 1671 etablirte sich in Frankfurth am Mayn als ein ansehnlicher Handelsmann. Von seinen Nachkömmlingen hat man nichts erfahren.
Von seiner Tochter Anna Gerdrut geb. den 15ten April 1657 gest. den 5ten Merz 1707. Cop. 12.August 1684 mit Jonas Hohenberg Canzleirath in Cleve, stammen die Descendenten der hier noch lebenden Merklinghausischen Familie.
Von seiner Tochter Eva Retberg geb. den 20.Oct. 1661 gest. 1707. Cop. den 5ten Mai 1681 mit dem hiesigen Stadtsyndicum Berninghausen stammt die noch lebende Berninghausische Familie, hier und in Bremen her.
Von seinem Sohn Adam Retberg geb. 3.Merz 1664 gest. den 26.Aug. 1374. Cop. 16 Merz 1699 mit des Bürgermeister Isaac Teschenmachers Tochter aus Elberfeld.
Maria Catharina Teschenmacher geb. 15.Mai 1763 gest. 3.Mai 1759 stammt die Retbergische Familie in Bremen und die Nottebohmsche Descendenten in Lippstadt, Bielefeld und Hagen her.
Von seiner Tochter Catharina Dorothea Retberg geb. 21.Febr. 1668. Cop. 9.Oct. 1686, erstlich mit Henr. Schwenger und zweitens 24 Jan. 1695 mit Joh. Frieder. Rens stammen die hier noch lebenden Familien von Schwrnger, Reus und Heinrich Nieclaus Brinckmann her.
Von seinem ältesten Sohn Johannes Retberg sind folgende Stammlinien entsprossen.
Von seiner Tochter Anna Lucia Elisabeth Retberg geb. 12.April 1676. Cop. 20.Jan. 1697 an den Steuerrath und Bürgermeister Dieder. Ernst Zahn stammt Joh. Anton Arnold Möller und dessen Kinder in Lippstadt. Imgleichen die Overhof und Lehwansche Familie, laut Beilage Nr.3.
Von seiner Tochter Anna Elisabeth Margaretha Retberg stammt die hiesige Thulemeyersche Familie. Beilage Nr.10.
Von seinem Sohn Franz Anton Diederich stammt die Retbergische Familie in Gütersloh und Rademachersche in Hamm her.
Von seiner Tochter Magdalena Catharina stammt die Doctor Schooffische Familie in Soest.
Die Retbergische Familie war ganz verdunkelt. Nachdem ich sie wieder- um mit allen Descendenten aufgesucht, ist solche wegen ihrer Weitläufigkeit auf Ansuchen verschiedener Familien-Freunden besonders gedruckt. Die Zahl der Nachkömmlinge von dem Stammvater Marcus Retberg beläuft sich an die 300 Seelen, wovon gegenwärtig noch hundert und einige achtzig Per- sonen am Leben sind.
Pag.25. Nr.5. Statt Kaufmann Kosen, ließ Koten.
26. oben statt Maryloe ließ Marxloe.
27. oben Nr.1 statt von Wicht, ließ Wieth.
27. Nr.2. statt Hartnegel, ließ Hartnagel.
28. oben bei Nr.1. statt Habelle, ließ Habbecke.
32. Nr.7. statt Magdalina, ließ Magdalena.
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